Waffenschrank der Betriebsprüfer: Neue Schätzungsbefugnis verabschiedet
Der Bundestag hat dem Regierungsentwurf zum DAC 7-Umsetzungsgesetz zugestimmt. Der „Waffenschrank“ der Betriebsprüfer wurde damit aufgefüllt, denn die Schätzungsbefugnis ist nun gesetzlich verankert. Die neue Gesetzgebung hat weitreichende Auswirkungen auf mittelständische Unternehmer mit Niederlassungen im Ausland.
Unsere weltweite Lösung mit DATEV erfüllt auch diese neuen Anforderungen routinemäßig. Mehr lesen Sie dazu auch im DATEV magazin "Grenzen überwinden". Wir haben in unserer NEWS "Brisante Neuregelung geplant: Finanzamt darf schätzen, wenn Buchhaltung nicht digital eingereicht wurde" auf diese beachtenswerte und brisante Neuregelung hingewiesen.
Gestiegene Bedeutung der Exportoptionen aus allen steuerrelevanten Systemen
Die Neuregelung des § 158 Abs. 2 AO neu sieht vor, dass die Beweiskraft der Buchhaltung entfällt, falls die sachliche Richtigkeit im Einzelfall zu beanstanden ist oder Datensätze nicht nach den Vorgaben der einheitlichen digitalen Schnittstellen (z.B. § 147b AO neu) bereitgestellt werden können.
Dies gilt auch dann, wenn der Jahresabschluss des Steuerpflichtigen über ein uneingeschränktes Testat eines Wirtschaftsprüfers verfügt – obwohl heutige Abschlussprüfungen auch auf vergleichbare Systemzugriffe und -downloads zurückgreifen.
Wenn die Beweiskraft der Buchführung entfällt, zieht dies unmittelbar eine vollständige Schätzbefugnis des Betriebsprüfers nach sich. Somit sind Betriebsprüfer zukünftig gesetzlich legitimiert, die Buchhaltung in solchen Fällen für steuerliche Zwecke als nichtig zu betrachten. Dies unterstreicht die nunmehr nochmals gestiegene Bedeutung der Exportoptionen aus allen steuerrelevanten Systemen. Neben den neuen Regelungen zu den Datensätzen selbst erfahren auch die Konsequenzen bei der fehlenden Bereitstellung von ausreichenden Datensätzen für die digitale Betriebsprüfung eine deutliche Verschärfung.
Konsequenzen der digitalen Betriebsprüfung
Mit Hilfe des § 147b AO-neu schafft der Gesetzgeber die Möglichkeit, digitale Schnittstellen und Datensatzbeschreibungen bestimmen zu können. Damit wird, analog zu den Regelungen für Zwecke der Exporte der Lohnbuchhaltung und der Kassensysteme, auch für die Exporte der Finanzbuchhaltung ein einheitlicher Datenexport geschaffen.
Einheitliche Datenschnittstellen sind in Deutschland seit dem Jahr 2018 für die Lohnbuchhaltung (sog. „DLS“ - digitale Lohnschnittstelle) sowie seit dem Jahr 2020 für die Kassensysteme (sog. DSFinV-K) im Einsatz. Dies bietet im Rahmen von Betriebsprüfungen eine Reihe von Vorteilen, wie z.B. die durch den Mindestumfang geschaffene Rechtssicherheit, dass die Datensätze die wesentlichen Informationen enthalten und für Zwecke der Betriebsprüfung lesbar sind. Die Einführung eines Mindeststandards kann jedoch auch massive Änderungen in Buchführungs- und ERP-Systemen nach sich ziehen, auf die sich alle Steuerpflichtigen vorbereiten müssen, insbesondere wenn die zu definierende Schnittstelle einen verpflichtend bereitzustellenden Mindestinformationsumfang definiert.
Die Erfahrungen der Praxis zeigen, dass für den deutschen Mittelstand mit deren ausländischen Betriebsstätten kaum nutzbare Schnittstellen zur Verfügung stehen. Der Datentransfer geschieht sehr häufig über Excel-Yoga, Journalbuchungen und die dazugehörigen Belege werden kaum entsprechend der neuen Gesetzeslage übertragen. Aufgrund der neuen Regelungen zur Verrechnungspreisdokumentation, die dem Betriebsprüfer innerhalb einer Frist von 60 Tagen vorgelegt werden muss, wird die neue gesetzliche Regelung auch für ausländische Tochtergesellschaften Auswirkungen haben.
Bei der Anwendung sind auch rein praktische Fragen zu beantworten, z.B. was zu tun ist, wenn geforderte Informationen aus den bisherigen Systemen dem Datensatz nicht hinzugefügt werden können, weil die Granularität der bei der Buchung erfassten Informationen hierzu nicht genügt oder das System bestimmte Eingaben nicht vorsieht. Die Einzelheiten des Datensatzes sind in der zu erwartenden Rechtsverordnung zu definieren.
Ab wann gilt die neue Gesetzgebung?
§ 147b AO neu gilt bisher bereits ab dem 1. Januar 2023 ohne eine spezielle Anwendungs- oder Übergangsvorschrift, entsprechend kann die Finanzverwaltung ab Anfang kommenden Jahres eine Schnittstelle bestimmen. Ob und in welcher Form im Rahmen des Verordnungsverfahrens sichergestellt wird, dass Unternehmen und IT-Anbietern ausreichend Zeit für die Implementierung der Schnittstelle bleibt, ist noch nicht geklärt.
Weitere Verschärfungen: Ordnungswidrigkeit
Mit den Änderungen im § 379 AO neu wurden weitere Ordnungswidrigkeitstatbestände geschaffen. So gilt ab dem kommenden Jahr, dass die fehlende Einrichtung bzw. Bereitstellung eines Datenzugriffs oder die nicht vollständige Aufbewahrung von steuerrelevanten Unterlagen eine Ordnungswidrigkeit darstellt, die mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 EUR geahndet werden.
Was ist zu tun?
In Vorbereitung auf anstehende Betriebsprüfungen gilt es daher die Verfügbarkeit und Qualität der relevanten Daten sicherzustellen. Wir empfehlen alle steuerrelevanten Systeme auf die Abrufbarkeit über eine Exportschnittstelle zu überprüfen und die hierfür bestehenden Möglichkeiten (z.B. Verwendung von Drittanbieterlösungen oder Erstellung von digitalen Reports mit relevanten Inhalten) zu eruieren. Dies betrifft insbesondere auch deutsche Steuerpflichtige mit ausländischen Niederlassungen.
Aufgrund der erheblichen Veränderungen für fast alle deutschen Unternehmen mit Niederlassungen im Ausland veranstalten wir im Mai 2023 auf Mallorca ein Event zu diesem Thema. Diskutieren Sie mit uns auf der Grundlage des WISSENS der BESTEN.
Als Referenten begrüßen wir: Prof. Dr. Christian Bär CTO - DATEV; Dr. Ernst-August Baldamus Partner - WTS Global; Dr. Ralf Demuth Partner - c.k.s.s; Dr. Thomas Eisgruber Referatsleiter „Betriebsprüfung“ - BMF; Fritz Esterer - Vorstandsvorsitzender WTS Global; Sylvia Heckmeier Head of Taxes - Merck KGaA; Prof. Dr. Peter Krug CMO und stellv. Vorsitzender - DATEV; Prof. Dr. Norbert Neu Partner - DHPG; Dr. Achim Pross Deputy Director, OECD Centre for Tax; Dr. Karsten Randt Partner - FGS; Prof. Dr. Jens Schönfeld Partner - FGS; Berthold Welling Geschäftsführung - VCI. Die Moderation übernehmen die bekannte Medienunternehmerin Sabine Christiansen (TV 21) und Willi Plattes (CEO PlattesGroup), Initiator und Organisator. Der Premiumpartner für Spanien, PlattesGroup, organisiert das Event.
Wir freuen uns Sie zu begrüßen!